Die Sprache der Natur

Die Fähigkeit, seine Mitwelt wahrzunehmen und entsprechend auf sie zu reagieren, ist nicht auf Menschen und Tiere beschränkt. Bäume und Pflanzen reagieren nicht, wie bisher angenommen, nur reflexartig auf äusserliche Reize, sondern ausgesprochen differenziert. Sie können riechen, schmecken, fühlen, hören und sehen, wie wir Menschen. Nur anders, pflanzengemäss. Fünfzehn verschiedene Sinne sind bisher bei Pflanzen entdeckt worden.
Bisher bekannt ist, dass Pflanzen mittels Duftstoffen und elektrischen Impulsen kommunizieren. Sie können damit warnen, anlocken oder abwehren. Aus einem Gemisch von Duftstoffen können sie den „richtigen“ Duft erkennen, ihn unterscheiden und interpretieren. Dieses komplexe Verhalten erfüllt die Voraussetzungen echter Kommunikation.


Pflanzen und Bäume kommunizieren sowohl unter Ihresgleichen, als auch mit Artfremden und mit Tieren.
Im Erdboden kommunizieren sie über ein hochdynamisches, dichtes und komplexes Netz von Pilzfäden. Dieses sog. Mykorrhiza-Netz funktioniert wie das Internet und wird deshalb WWW genannt: Wood Wide Web. Dieses gemeinsam gehegte Netz wird gemeinschaftlich genutzt um Nährstoffe, Wasser und Informationen auszutauschen.
Es herrscht nicht, wie immer wieder angenommen, ein Konkurrenzdruck vor. Bäume und Pflanzen sind, wie Tiere und Menschen auch, soziale Wesen. Der Wald ist eine Lebensgemeinschaft. Man konnte feststellen, dass Pflanzen aufeinander Rücksicht nehmen, dass sie sich beistehen und sich sogar gegenseitig füttern. Sie gleichen Schwächen und Stärken untereinander aus, z.B. wenn die Lebensbedingungen der Einen viel besser sind, als die der Andern. Und natürlich bekämpfen sie sich auch, wenn sie einander feindlich gesinnt sind.

Konsequenzen
Wenn im Wald zu viele Bäume geschlagen werden, fällt die Gemeinschaft auseinander und die Verbliebenen werden zu Einsiedlern. Es konnte nachgewiesen werden, dass die verbliebenen Bäume weniger produktiv sind, als wenn sie dicht an dicht in sozialer Gemeinschaft stehen.

Pflanzen können sich auch an Vergangenes erinnern. Das Zauberwort für diese Fähigkeit heisst Epigenetik. Erfahrungen werden als epigenetische Informationen gespeichert und als Erfahrungsschatz an die Nachkommen vererbt.
Die Epigenetik steuert gewissermassen die Gene. Wenn z.B. Fressfeinde über Kulturen hergefallen sind, können diese die gemachten Erfahrungen an ihre Nachkommen vererben. Diese kennen dann die Feinde bereits und sind schnell parat, sich gegen einen Angriff zu wehren.

Fragen, die sich stellen
Welche Erfahrungen machen die Bäume im Wald, wenn eine Vollernte-Maschine den Wald ausdünnt, den Mutterbaum mitnimmt, oder den Nachbar?
Was passiert, wenn Fahrstrassen dieses Wood Wide Web unterbrechen und so den Austausch von Informationen innerhalb der Waldgemeinschaft erschweren oder verunmöglichen?
Vieler dieser Erkenntnisse über die „Pflanzenkommunikation“ stellen neue Fragen im Umgang mit der Natur und lässt sie uns neu betrachten.